Die Handschrift des Architekten

Björn Grimm
Björn Grimm
Ein Projekt wie das Heinrichstift - in Verbindung mit dem Wohnprojekt "50life" - steht und fällt mit dem Architekten. Ob es der erste Architekt Otto Techow war oder ein Architekt 115 Jahre später, der in die Substanz des Gebäudes eingreift, hinterlässt an dem Gebäude immer seine Handschrift.
Der Bauherr suchte einen Architektekten der bereits Denkmalerfahrung hat, bereit ist auch mal etwas querzudenken. Bei den Vorgesprächen hatte Björn Grimm das Vertrauen des Bauherren bekommen und erhielt den Planungsauftrag. Nur fußläufig vom Heinrichstift entfernt steht die sanierte Villa Fähndrich, der man ansieht dass hier mit viel Liebe und Sachkenntnis saniert wurde. Ein Grund an dieser Stelle den Architekten vorzustellen.
 
Bereits während seines Architekturstudiums arbeitete Björn Grimm in dem auf Denkmalpflege spezialisierten Büro KNOLL+KONOPATZKI in Rothenburg ob der Tauber. Nach seinem Diplom war er dort von 2002 bis 2005 als projektleitender Architekt beschäftigt. Der Aufgabenschwerpunkt lag hier in der Erarbeitung von Nutzungs- und Sanierungskonzepten für Schlösser, Kirchen, Bürger- und Bauernhäuser, aber auch die Planung und Umsetzung qualitativ hochwertiger Neubauten.
 
2005 zog es ihn nach Berlin, wo er bis 2007 an der Technischen Universität den postgradualen Masterstudiengang Denkmalpflege absolvierte, der ihn mit anderen Architekten, Archäologen, Bauingenieuren, Kunsthistorikern und Restauratoren zusammenbrachte.
 
Seit 2007 ist Björn Grimm projektleitender Architekt bei Reiner Becker Architekten BDA in Berlin. Er bearbeitet dort hauptsächlich Neubauvorhaben für Bildung, Kultur und die öffentliche Verwaltung. Zu seinen Projekten gehören unter anderem mehrere Institutsgebäude auf dem Telegrafenberg und ein Jugendclub in Potsdam sowie ein Gemeindehaus mit Feuer- und Rettungswache in Neu Fahrland.
 
Ebenfalls 2007 gründete er zusammen mit Diplom-Restauratorin Andreea Banea-Grimm die Bürogemeinschaft ARCHITEKTUR+RESTAURIERUNG, welche auf Bauen im Bestand, Denkmalpflege und baulichen Brandschutz spezialisiert ist. Im Fachbereich Wandmalerei gehören die Planung und auch die Ausführung von Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten zu den Kernkompetenzen. Der fachübergreifende, interdisziplinäre Ansatz von A+R ermöglicht die ganzheitliche Bearbeitung von Planungsaufgaben und damit die frühzeitige Berücksichtigung der für die Planung und Ausführung von Bauaufgaben wesentlichen Faktoren.
 
Das ehemalige Gebrüder-Heinrich-Stift ist nicht das erste Projekt von A+R in Luckenwalde. Bereits 2011 restaurierte Andreea Banea-Grimm die Wand- und Deckenmalereien der Villa Fähndrich am Markt, auch „Polizeivilla“ genannt. Björn Grimm war hier der planende Architekt. 
 
A+R bearbeitet eigene Aufgabenfelder bei internationalen Forschungsprojekten. Im Auftrag der New York University wurde 2012 in der Nähe des heute usbekischen Buchara eine archäologisch ergrabene Festung aus dem 5.Jh. aufgemessen und bauhistorisch untersucht. Seit 2006 wird ein Forschungsprojekt der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zur Stadtgeschichte des antiken und mittelalterlichen Antiochia (heute Antakya/Türkei) begleitet. Im Mittelpunkt der dortigen Arbeiten von A+R steht das „Eiserne Tor“, ein antikes Multifunktionsbauwerk, welches der einzig bekannte, baulich erhaltene Beleg dafür ist, dass bereits im spätantiken Römischen Reich Bogenstaumauern gebaut wurden. Die älteste Bauphase dieses Bauwerks, welches auch Aquädukt und Teil der Stadtmauer war stammt aus dem 2.Jh, die jüngste ist sehr wahrscheinlich in die Kreuzfahrerzeit zu datieren.
 
Björn Grimm ist nicht nur als Architekt sondern auch als Ingenieur für vorbeugenden Brandschutz in die Listen der Architektenkammer Berlin eingetragen. Zu seinen zuletzt bearbeiteten Projekten gehören die Brandschutzkonzepte für das Biomedizinische Technikum der HelmholzZentrums in Teltow und das Alfred-Wegner-Institut für Polar- und Meeresforschung in Potsdam. An der Entwicklung des wirtschaftlich tragfähigen Brandschutzkonzepts von hhp Berlin für das Haus Bauwesen der Beuth Hochschule für Technik in Berlin, hatte er wesentlichen Anteil. Das besonders Anspruchsvolle an dem 1974 eingeweihten Gebäude ist neben dem Bauvolumen, die bestehende Schadstoffbelastung und die Gewährleistung der Sanierung im laufenden Betrieb. Eine falscher konzeptioneller Ansatz hätte aufgrund dieser Randbedingungen gewaltige kostentechnische Konsequenzen.
 
Seinen Beruf als Architekt interpretiert Björn Grimm sehr universell. Eine Spezialisierung auf Alt- oder Neubau reizt ihn ebenso wenig, wie sich zwischen den Planungsaufgaben, der Ausschreibung oder der Überwachung von Bauleistungen entscheiden zu müssen. Ohne die Kenntnis der Architekturgeschichte ist gute zeitgenössische Architektur, nach seiner Überzeugung, ein nicht zu erwartender, glücklicher Zufall. Dies gilt insbesondere für das Bauen im Bestand, wo Bauforschung zur Grundlagenermittlung gehört, um die Strukturen eines Gebäudes, den Entwurfsgedanken und die Gestaltungsabsicht des Urhebers zu erkennen und entsprechend würdigen zu können.
 
Moderne Denkmalpflege versteht Björn Grimm nicht nur als Konservierung und Restaurierung, sondern auch als Fortschreibung baukulturellen Schaffens: intelligent, ressourcenschonend, identitätsbewahrend und vor allem nicht als Einteilung in bedeutende und weniger bedeutende Baudenkmale. Möglich ist dies nur, wenn sich Architekten, Bauherren und Investoren einerseits Ihrer Verantwortung für unser kulturelles Erbe bewusst sind und wenn die behördliche Denkmalpflege andererseits Wege findet, trotz aller Erhaltungsforderungen Baudenkmale für normale Menschen attraktiv zu machen. Aber auch auf kommunaler Ebene ließen sich hier weitere Anreize schaffen, Leerstand und Verfall entgegenzuwirken.
 
Bei der Restaurierung der Villa Fähndrich hat diese Zusammenarbeit zwischen Bauherrn, Architekt, Restaurator und Denkmalbehörde sehr gut funktioniert. So konnte der Stadt Luckenwalde und seinen Bewohnern ein Stück besondere Identität zurückgegeben werden. Mit dem sanierten und wiederbewohnten „Heinrichstift“ kommt nun auch noch ein Stück besondere Vitalität hinzu. Denn das Nutzungskonzept ist alles andere als gewöhnlich.
 
Aber nicht nur beruflich gibt es eine Verbindung zu Luckenwalde.
 
In der Luckenwalder Innenstadt restaurierten Andreea Banea-Grimm und Björn Grimm ein Bürgerhaus des Jugendstils. Nach fast zwanzigjährigem Leerstand war dies ohne Zweifel die letzte Chance, das Gebäude wirtschaftlich instandzusetzen. 
2014 wurde das Gebäude mit dem kleinen Sohn bezogen werden. In Luckenwalde? Nun, Luckenwalde ist keine Metropole, aber durchaus attraktiv genug um hier zu leben. Und die Metropole, von der man ja irgendwann auch mal genug haben kann, ist doch gleich um die Ecke...
Villa Fähndrich
Villa Fähndrich

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